Teil 4 Sektion Jimenezii und Kierschlegeria

von Henk Hoefakker

Dieses Mal nehmen wir zwei kleine Sektionen unter die Lupe. Und zwar die Sektionen Jimenezii und Kierschlegeria. Beide Sektionen enthalten jeweils nur eine Art, dafür aber sehr spezielle, nämlich Fuchsia jimenezii und F. lycioides.

F. jimenezii

F. jimenezii

Sehr wenig bekannt ist F. jimenezii. Die einzige Art in der Sektion Jimenezii ist benannt nach Alfonso Jimenez Munoz, einem Botaniker aus Costa Rica. Dennis Breedlove, Paul Berry und Peter Raven haben sie 1982 beschrieben und ihr diesen Namen gegeben. Sie kommt sehr selten vor in den mittelamerikanischen Ländern Panama und Costa Rica, wo sie in einer Höhe zwischen 1500 und 1900 m in der feuchten Vegetation der immergrünen Nebelwälder wächst. An diesem natürlichen Standort kann man sehen, dass sie am besten in lockerer Walderde gedeiht (entspricht auch in etwa Orchideenerde). Darunter liegt oft eine felsige Unterlage, über die Wasser rinnt. Auch verlangt sie nach einer hohen Luftfeuchtigkeit. Diesen Anforderungen versuche ich auf folgende Art nachzukommen: Ich gebe unten in den Topf grobe Baumrinde und stelle ihn ins Wasser. Der Rindenbereich steht dann im Wasser, die eigentliche Topferde aber nicht.

F. jimenezii

F. chilco 

Das funktioniert perfekt. Die Erneuerung von Zweigen und Blättern fällt in die Periode Dezember bis Mai und das geht daher nur im Gewächshaus. Es ist dann aber oft zu kalt oder zu nass, oder wiederum zu heiss wegen der Frühlingssonne. Diese Fuchsie bleibt darum ein wenig ein Sorgenkind. F. jimenezii hat dunkelgrüne, gegenständige und ovale Blätter und kleine rosarote bis rote Blüten, die in kleinen Rispen an kurzen Stielen sitzen. Wegen diesen kleinen Rispen gleicht diese Art auch ein wenig einer Mini-Arborescens. Diese Tatsache zeigt sich auch in einem alten Namen Fuchsia arborescens sensu, was bedeutet «Fuchsia arborescens gleichend». Jimenez war der erste, der sie als eine eigene Art einstufte. Die F. jimenezii, die bei uns im Umlauf ist, ist im Ganzen gesehen etwas dunkler und hat etwas weniger ausgeprägte Rispen, als die ursprünglich beschriebene. Wahrscheinlich ist sie von anderer Herkunft. Alles in allem keine einfach zu haltende Pflanze, aber der Mühe wert, wenn man sie zum Blühen bringt.

F. lycioides

F. lycioides 

Fuchsia lycioides ist auch eine spezielle Fuchsie. Erst einmal durch das begrenzte Vorkommen in einem kleinen Gebiet an der Küste von Zentralchile. Der Name Kierschlegeria wurde 1835 erstmals publiziert durch Edouard Spach für eine Art in der Sektion Fuchsia, aber bald einmal wurde er zum Namen einer eigenen Sektion. Wir müssen annehmen, dass Herr Spach damit einen seiner Bekannten mit Namen Kierschleger geehrt hat [ev. Frédéric Kirschleger (1762-1849), Arzt und Botaniker aus dem Elsass, Anmerkung he]. F. lycioides wurde bereits im Jahr 1800 unter diesem Namen durch Henry C. Andrews beschrieben. Er nannte sie so wegen einer gewissen Ähnlichkeit zu einer Bocksdorn-Art, Lycium afrum. Die Ähnlichkeit beruht auf zwei Merkmalen. Einerseits sind da die dornartigen Ausbuchtungen an den Zweigen von F. lycioides und andererseits die sich gleichenden Beeren dieser beiden Arten. Das Gebiet in dem F. lycioides vorkommt erhält jährlich nur 150-450 mm Regen (zum Vergleich langjähriger Durchschnitt in Sion 598 mm und in Zürich 1086 mm, Anmerkung he) und in der Trockenzeit herrscht ein wüstenartiges Klima. Man muss sich eine steinige Wüste vorstellen, in der wegen der Küstennähe auch starke Winde vom Meer her auftreten.

F. lycioides

F. rosea

Diese Art bildet aufrechte Büsche, verzweigt wenig und wird auf die Dauer etwas knorrig. Bereits früh im Frühling schlägt sie mit hellgrünen Blättchen aus. Im Laufe des Jahres werden die Blätter dunkler und härter und fallen zum Teil ab. Zurück bleibt der Stielansatz und formt damit die charakteristischen «Dornen». Es ist eine reichblühende Art mit kleinen rosaroten Blüten. Bestäubt werden sie durch kleine Kolibris, die ihrerseits zu einem grossen Teil abhängig sind von F. lycioides. Tagsüber weht es sehr stark vom Meer her, sodass die Kolibris keinen Nektar sammeln können. Sie müssen dies am frühen Morgen oder am Nachmittag machen, wenn sich der Wind legt. Es kommen Pflanzen vor mit zweigeschlechtigen Blüten, aber auch solche mit weiblichen und männlichen Blüten, die dann etwas kleiner sind. Es gilt noch drei Varianten zu unterscheiden: F. lycioides var. parviflora, var. spinosa und var. lycioides. Es wurden auch natürliche Kreuzungen von F. lycioides mit F. magellanica gefunden, weil diese auch in diesem Gebiet vorkommt. Wegen einer fehlerhaften Publikation im Jahr 1807 galt diese Kreuzung lange als F. lycioides, bis im 1984 die echte F. lycioides via Botanischer Garten Wageningen in den Besitz der «Botanischen Fachgruppe» kam. 'Rosea' ist eine prächtige, reichblühende Kreuzung F. lycioides x F. magellanica. 'Chilco' hat etwas kräftigere Blüten und ist eine Kreuzung von F. magellanica x F. lycioides var. spinosa. Dann gibt es noch 'Thilco', eine gleichartige Kreuzung, aber mit F. lycioides var. lycioides.

Quelle: Fuchsiana 05/2011
Übersetzung: Hans Eggenberger (he)
Fotos: Henk Hoefakker