Teil 11 Sektion Hemsleyella  - Teil 1

von Henk Hoefakker

In dieser Folge beginnen wir mit der Sektion Hemsleyella.

Ein Jahrhundert zurück war William Botting Hemsley ein bekannter Botaniker und ihm zu Ehren ist sein Name mit dieser Sektion verbunden. Sie ist ziemlich umfangreich, momentan gehören 15 Arten dazu. Es ist die Sektion der Knollenbildenden. Die meisten Arten bekommen einen Knäuel von Knollen, ähnlich wie bei den Kartoffeln, allerdings liegt ein grosser Teil davon über der Erde. Sie wachsen sowohl im Boden, wie auch epiphytisch auf Bäumen. Die epiphytischen Formen haben mehr verdickte, fleischige Wurzeln, wie sie auch in der Sektion Ellobium vorkommen. Ein anderes auffallendes Merkmal ist das Fehlen der Kronblätter.

Die ganze Sektion kommt in den allzeit feuchten Hängen und Felsspalten der Nebelwälder der Andengebirge von Nord-Peru bis nach Venezuela vor. Es ist das Gebiet, in dem auch der grösste Teil der Sektion Fuchsia vorkommt. Allerdings wachsen die Hemsleyellas unter viel extremeren Bedingungen. Einige Arten kommen bis in die Höhe von 4'000 m vor. Sie haben sich diesen Umständen gut angepasst und eine strenge, saisongebundene Lebensweise entwickelt. Im Allgemeinen blühen sie in der trockenen Winterperiode. Sie tragen dann keine Blätter. Während dieser Trockenperiode sind sie abhängig von den Nahrungs- und Wasservorräten in den Knollen oder verdickten Wurzeln. Die Blütezeit ist nur kurz, jedoch sehr auffallend. Die Blüten am kahlen Holz sind meist auffällig gefärbt und locken damit Kolibris an. In der nachfolgenden Regenzeit zeigen die Pflanzen ein explosives Wachstum.

Hemsleyella Wurzeln

F. apetala

F.  apetala

In den Niederlanden wachsen sie den ganzen Sommer durch, manchmal auch mit Blüten. Aber im Winter im Gewächshaus verlieren sie alle Blätter, um dann im März oder schon früher zu blühen. Von den 15 Arten sind 6 in den Niederlanden vorhanden, plus noch eine Unbekannte. Die Frage ist, ob dies eine 16. Art ist oder eine der bisher noch nicht anwesenden Arten. Ich denke eher, dass letzteres zutrifft.
Wir gehen nun die Arten alphabetisch durch und beginnen mit F. apetala. Dieser Namen zeigt eine Eigenschaft, die der ganzen Sektion eigen ist, nämlich, dass die Blüten keine Kronblätter (apetala = ohne Petalen, he) haben. F. apetala war die erste Art, die ohne Petalen gefunden wurde und erhielt daher diesen Namen. Hipólito Ruiz und José Pavón fanden diese Art 1779 und publizierten sie 1802. Es ist ein niedriger, beinahe kriechender Strauch auf moos- und humusreichem Boden, wächst aber auch epiphytisch auf feuchten Baumstämmen. Die Knollen sind 5 x 8 cm gross, also etwa Kartoffelgrösse. Die Blätter sind bis 5 cm lang und stehen wechselständig. Die Blüten von etwa 3.5 cm Länge sind hellrot bis hellorange und bilden kleine Büschel. Diese Fuchsie hat bei mir im letzten Jahr (2012, he) den ganzen Sommer durch geblüht. Mit jedem neuen Blattpaar erschienen in den Blattachseln auch wieder Blüten. Die Büschel sind im Winter etwas grösser. Die Beeren sind erst grün, werden mit der Reifung gelb und schliesslich hellrot.

F. apetala Beere

F. apetala Beere ausgereift

F.  cestroides 

F. cestroides bildet bis zu 3 m hohe Sträucher, aufrecht oder leicht überhängend. Die Blüten sind mit ca. 2.5 cm etwas kleiner und stehen in Büscheln beieinander. Dies sowohl endständig, wie auch in den Blattachseln. Die Farbe ist hellrot bis lavendel. Das Blütenbild gleicht auf Distanz etwas demjenigen der Kübelpflanze Cestrum (Hammerstrauch, he), daher der Name cestroides. Den Namen bekam sie 1940 von Georg Schulze-Menz. Diese sehr selten vorkommende Art wächst im Norden von Peru. Die Beeren sind erst gelb, später rot. Die gegenständigen Blätter sind sicher 10 cm lang, aber nur etwa 1.5 cm breit, also lang und schmal. Die Pflanze ist etwas lästig im Wuchs, sie bildet dünne Zweige und formt kaum Knollen. Bei mir hat diese Art noch nie geblüht. Dann folgt F. chloroloba. Sie bildet bis 2 m hohe Sträucher, die zwischen Felsen oder epiphytisch auf Bäumen wachsen. Die Knollen sind beinahe rund und bis 4 cm dick. Die gegenständigen Blätter sind 12 cm lang und 5.5 cm breit, und sie sind dünn und papierartig. Die Blüten stehen zu zweien oder mehr in den Blattachseln oder bilden endständige Büschel. Sie sind bis zu 7.5 cm lang. Der bleichorange Tubus und die papageiengrünen Kelchblätter bilden einen schönen Kontrast. Diese Eigenschaft hat ihr dann auch den Namen chloroloba gegeben (chlor=grün, loba=gelappt, he). Beschrieben wurde sie 1939 durch Ivan Johnston. Leider ist sie in den Niederlanden noch nicht vorhanden. F. garleppiana ist eine seltene und ungewöhnliche Art aus Bolivien. Die bis zu 4 m hohen Sträucher wachsen manchmal in Felsspalten, meist aber epiphytisch. Auch diese Art bildet recht kräftige Knollen von 8 x 5 cm. Die wechselständigen Blätter sind hellgrün, oval, 13 cm lang und 7.5 cm breit. Auch bei dieser Sorte stehen die Blüten achsel- oder endständig in Büscheln von zwei oder mehr. Aber diese Blüten sind bis 15 cm lang und rosa bis bleichrosa. F. garleppiana wurde 1893 durch die deutschen Botaniker Otto Kuntze und Ludwig Wittmark beschrieben. Sie ehrten damit den deutschen Zoologen Gustav Garlepp, der diese Art in den feuchten Hängen der bolivianischen Anden gefunden und zur Begutachtung an Otto Kuntze weitergegeben hat. Auch diese Art ist in den Niederlanden leider (noch) nicht vorhanden. In der nächsten Folge geht es weiter mit Arten dieser Sektion.

Quelle: Fuchsiana 01/2013
Übersetzung: Hans Eggenberger (he)
Fotos: Henk Hoefakker